EuGH erklärt Preisbestimmungen der HOAI für unwirksam – welche Auswirkungen hat diese Entscheidung für Auftraggeber und Auftragnehmer?
Nach den gesetzlichen Bestimmungen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) galt jahrzehntelang für alle Planerverträge, dass die im Gesetz normierten Mindest- und Höchstsätze auch bei abweichenden Vereinbarungen als verbindlich einzuhaltende Preisbestimmungen zu beachten sind. An der Einhaltung dieser Mindest- und Höchstsätze musste sich insoweit auch jede Vertragspartei zwingend festhalten lassen.
Nunmehr hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit seinem Urteil vom 04.07.2019 jedoch die Preisregelungen der HOAI für Planerhonorare für unwirksam erklärt, da diese nach Auffassung des Gerichtshofes gegen geltendes EU-Recht verstoßen. Durch die Entscheidung des EuGH ist die HOAI jedoch keineswegs als Ganzes gekippt worden. Demnach sind weiterhin alle diejenigen Bestimmungen anwendbar, die keine Regelung zu Preisen beinhalten (bspw. Beschreibung der Leistungsphasen und Leistungsbilder).
Für den öffentlichen Auftraggeber resultiert aus dem Urteil des EuGH hingegen das unmittelbare Verbot, die EU-rechtswidrigen Vorschriften der HOAI bei der zukünftigen Vergabe von Planungsleistungen als Zuschlagskriterium anzuwenden. Vor diesem Hintergrund ist es auch unzulässig, ein vor dem Urteil des EuGH begonnenes Vergabeverfahren auf Basis der HOAI-Preisregelungen zu Ende zu führen. Die Fortführung eines solchen Vergabeverfahrens würde insoweit auch keinen „üblichen“ Vergabefehler des öffentlichen Auftraggebers darstellen, sondern wäre als schwerwiegender Rechtsverstoß zu qualifizieren, da das Vergabeverfahren nicht auf Basis geltenden Rechts durchgeführt werden würde.
Ob die Entscheidung des EuGH zugleich auch das Berufen auf die HOAI-Mindestsätze in Verträgen zwischen Privaten ausschließt, ist dagegen noch nicht abschließend geklärt. Die derzeit bestehenden Entscheidungen der nationalen Oberlandesgerichte sind dabei teils widersprüchlich und lassen nach wie vor noch keine Tendenz erkennen. Welche Auffassung sich hierbei durchsetzen wird, wird wohl erst eine Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes zeigen.
Ungeachtet dessen bleibt den Vertragsparteien im Rahmen der Privatautonomie jedoch weiterhin die Möglichkeit eröffnet durch vertragliche Bezugnahme auf die HOAI einen Preisfindungsmodus zu vereinbaren, auf dessen Grundlage die planerischen Leistungen abgerechnet werden können.
EuGH – Urteil vom 04.07.2019, C-377/17